Weihnachten in der STADT – Fahrats Feiertage

Ava und die STADT des schwarzen Engels

Ava und die STADT des schwarzen Engels

Für all die, die nach „Ava und die STADT des schwarzen Engels“ auf eine Fortsetzung warten, oder einfach neugierig sind, wie in der STADT die Feiertage begangen werden, hat sich der Acabus-Verlag was ausgedacht. Auf seinen Facebook-Seiten präsentierte er im Rahmen seiner Weihnachtsaktion, (einige Autoren schrieben Texte über Weihnachten in ihren Büchern – z.B. Astrid Rauner über das Leben im Winter während der Eisenzeit, etc…) einen Text, den ich Euch ebenfalls nicht vorenthalten möchte. Ich hoffe, er gefällt Euch!

In „Ava und die STADT des schwarzen Engels“ von Andreas Dresen lernen wir den Schwertler Fahrat kennen, der sich trotz seines eher gemütlichen Wesens in ein gefährliches Abenteuer stürzt, um der jungen Frau Ava zu helfen. Dadurch ändert sich sein Leben und auch seine Sicht auf die STADT. Die folgende Szene verrät uns nun aber, wie es vor dieser schicksalhaften Begegnung um Fahrat bestellt war und natürlich was die Bewohner der STADT von Weihnachten halten …

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Es klingelte an der Haustür. Fahrat stand stöhnend aus seinem Fernsehsessel auf. Nach dem Glas Wein, das er nach dem deftigen Essen getrunken hatte, war er eingenickt und brauchte einen Moment, um zu sich zu kommen. Doch seine Laune besserte sich sofort. Ist Baddha doch noch gekommen?, dachte er. Sie hatte ihm ziemlich kühl beschieden, dass sie über die Feiertage Besseres zu tun habe, als mit ihm alleine in der Wohnung rumzuhocken und zu ‚fressen‘.
Doch was sollte man sonst machen?, fragte er sich. Das Lichterfest der Götter war doch dazu da, um es sich mal so richtig gut gehen zu lassen. Aber da hatte ja jeder andere Vorstellungen, musste er seufzend zugeben.
Der Schwertler schlurfte zur Tür und steckte sich das T-Shirt in die Hose. Wahrscheinlich hatte ihr „Herr und Meister“ sie schnell abgefertigt, dachte er, und nun kehrte sie schlecht gelaunt und unerfüllt zu ihm zurück. Doch ihn störte das nicht, so musste er wenigstens nicht alleine feiern.
Das Weihnachtsfest, das die Menschen begingen, war in der Zwischenwelt zwar bekannt, wurde aber nur als menschlicher Abklatsch des Lichterfestes gesehen, das die Bewohner der STADT seit Jahrhunderten in der dunkelsten Stunde des Winters feierten. Die Götter ließen sich immer etwas Besonderes einfallen, um ihre Anhänger daran zu erinnern, wem sie zu opfern und von wem sie Strafe oder Segen zu erwarten hatten. Manche Hausgötter zündeten gleich das ganze Haus an, wenn ihnen die Opfergaben nicht angemessen schienen, oder ihnen während der Feiertage langweilig wurde. Die größeren Götter waren da toleranter und geizten meist nicht mit kleinen Aufmerksamkeiten für ihre Anhänger. Fahrat jedoch profitierte schon lange nicht mehr davon. Seitdem er es sich vor vielen Jahren mit einem angehenden Priester verscherzt hatte, traute er sich nicht mehr in die Messe zum Lichterfest. Schade, dachte der Schwertler, denn ich habe die Zeremonie immer gemocht. Vor allem den Teil, wenn die Wassergöttin erschien. Wenn das Wasser plötzlich zu glühen anfing und den ganzen Tempel mit diesem unirdischen Glanz erfüllte, den die Besucher dann in kleinen, mit heiligem Wasser gefüllten Flaschen mit nach Hause tragen konnten. Gegen eine entsprechende Spende an die Priesterschaft, die am Ausgang die Taschen kontrollierte.
Es klingelte erneut und riss Fahrat aus seinen Gedanken. „Ja, ich komm ja“, rief er genervt. Baddha konnte ruhig mal vor seiner Tür stehen. Schließlich hatte sie ihn ja mal wieder sitzen lassen.

Vielleicht, dachte er, hätte ich doch die Wohnung schmücken sollen. Und aufräumen. Und die leeren Weinflaschen wegbringen. Aber wofür? Er war ja doch meist alleine hier. Früher hatte er das Lichterfest immer bei seinen Eltern verbracht. Doch Fahrat konnte gut auf die üblichen Diskussionen verzichten. „Du bist ein Nichtsnutz, ein Faulpelz und eine Blamage für die Familie. Ein ängstlicher Schwertler, hat man so etwas schon mal gehört?“ Fahrat klangen die Worte seines Vaters noch deutlich in den Ohren. Er war froh, nicht mehr so viel Kontakt mit seiner Familie zu haben. Er schob einen Haufen dreckiger Wäsche zur Seite, den er vor zwei Wochen in den Flur gelegt hatte, um ihn mal runter in die Waschküche zu bringen. Es klingelte erneut, diesmal länger.
„Nerv mich nicht, sonst kannst du gleich wieder abziehen“, brüllte er der Tür entgegen. Doch dann bereute er seine Worte und beeilte sich, die magische Kette zu lösen, die die Tür sicherte, sowie den Fluch, der jeden Einbrecher sofort unangenehm verbrennen würde, anhand des kleinen Schalters im Türrahmen zu deaktivieren. Er öffnete die Tür.
„Mama“, rief er erschrocken und starrte die ältere Dame an, die steif und mit zusammengekniffenen Lippen im Flur stand.
„Ich wollte nur mal vorbeischauen, ob du nicht zu einsam bist. Ich bin wieder weg, bevor dein Vater etwas merkt. Und ich habe dir etwas mitgebracht“, sagte sie und schaute pikiert auf den Wäscheberg, der langsam in den Hausflur kippte. Dann hielt sie ihm ein Fläschchen mit glühendem Wasser entgegen. „Ein Gruß von der Wassergöttin.“

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Und wer nun auf „Samson – ein STADTroman“ wartet, kann sich die Zeit auch gerne mit „Das Buch des Hüters“ vertreiben.

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