German Steampunk Authors – Stefan Holzhauer im Interview

Im Rahmen der Aktion „Steampunk Hands Around The World“ stelle ich Euch in diesem STEAMPUNK-Monat u.a. deutsche Steampunk-Bücher, -Projekte und -Autoren vor. Heute im Interview:

stefanh-230x280Stefan Holzhauer: Herausgeber der Steampunk-Chroniken, Schreiber bei den Phantanews und umtriebiger Aktiver in der deutschen Phantastik- und Selfpublisher-Szene. Desweiteren ist er Mitglied der Künstler-Gruppe Evil Kraken und unermüdlicher Kämpfer für E-Books und die Rechte der Künstler in einer fortschreitenden digitalen Welt.

 

Warum fasziniert dich Steampunk so sehr, dass du in diesem Genre veröffentlich hast?
Was hat dich für Steampunk begeistert? Gab es ein Aha-Erlebnis oder ein Buch, dass dir den Einstig gegeben hat?

Ich beantworte die ersten beiden Fragen mal am Stück, weil das zusammen gehört. 🙂

Tja, wo fange ich da an? Die frühesten Begegnungen waren sicherlich Jules Verne und die Disney-Fassung von 20000 Meilen unter dem Meer.

Künstergruppe Evil Kraken

Künstergruppe Evil Kraken

Da war ich noch sehr jung, aber fasziniert hat mich diese nie gewesene Technik bereits damals. Der nächste Schritt war dann, als ich mit Freunden Ende der 1980er Jahre das Rollenspiel SPACE: 1889 von Game Designers Workshop gespielt habe (soeben in deutscher Sprache vom Uhrwerk-Verlag neu aufgelegt). Das war lupenreiner Steampunk, mit Kolonien der Erdstaaten auf Mars und Venus, aufsässigen eingeborenen Planetenbewohnern und allem was so dazu-gehört. Seitdem hat mich das Thema nicht mehr losgelassen und es ist mir über die Jahre immer wieder mal begegnet und hat mir die Hand gereicht, beispielsweise mit dem Rollenspiel CASTLE FALKENSTEIN. Akut wurde das dann wieder mit dem Aufkommen der aktuellen Steampunk-Szene, die ich bereits beobachtete, als in Deutschland noch nicht viel davon zu bemerken war.
Mich faszinieren verschiedene Dinge. Die Ästhetik, der Handlungsrahmen, der sich ja üblicherweise sowohl durch bekannte (auch historische) Versatzstücke auszeichnet, sich aber definitiv auch davon entfernt, was Technik, Physik und gesellschaftliche Komponenten angeht. Das ist eben der »Punk« im Steampunk. Vom literarischen Aspekt abge-sehen ist Steampunk allerdings vordringlich eine Subkultur des Machens und Schaffens. Also sich von Massengütern fort zu bewegen, hin zu mehr Individualität. Die Maker in der Szene tun das beispielsweise, indem sie Massenware in einer Art verändern und verhübschen, die diese zu etwas Besonderem macht. Das finde ich großartig.

Hast du ein Steampunk-Lieblingsbuch und/oder einen -Film?

Potzblitz. Mit den Filmen ist das nicht so einfach, tatsächlich gibt es »echte« Steam-punk-Filme eigentlich noch gar nicht. Falls mir hier jemand widersprechen möchte, bitte ich darum! WILD, WILD WEST ist definitiv Steampunk, ich finde den auch wirklich witzig, würde ihn allerdings nicht als Lieblingsfilm bezeichnen. Nein, einen Steampunk-Lieblingsfilm habe ich (noch) nicht. Aber es dürfte Einiges im Kommen sein, wenn ich die Zeichen aus Hollywood korrekt deute.

Stefan (links im Bild) im Einsatz für eine bessere Welt mit Dampf-Mikrofon

Stefan (links im Bild) im Einsatz für eine bessere Welt mit Dampf-Mikrofon

Was Bücher angeht würde ich spontan zwei Reihen nennen: zum einen die LARKLIGHT-Trilogie von Philip Reeve und David Wyatt, allen voran den ersten Band gleichen Titels. Das sind eigentlich Kinderbücher, aber die sind einfach großartig in ih-ren irren Ideen und in der liebevollen Umsetzung mit zahllosen Illustrationen, so das auch Erwachsene ihren Spaß daran haben dürften. Wenn die sich drauf einlassen. Die beiden weiteren Bände tragen die Titel STARCROSS und MOTHSTORM. Wenn es irgend geht, sollte man die im englischen Original lesen, denn bei der Übersetzung geht viel zu viel sprachliches Kolorit verloren.
Will man was für Erwachsene, würde ich die »Newbury & Hobbes«-Reihe von George Mann nennen. Ebenfalls Steampunk in Reinkultur. Der erste Band ist stellenweise noch etwas holprig, aber schon im zweiten hat er sich es in seinem Universum bequem ge-macht und fabuliert grandios drauf los. Schön ist daran vor allem, dass der Protagonist alles andere als perfekt ist und dass der Autor äußerst behutsam auch Übernatürliches einsetzt, ohne dass die Bücher gleich zu Urban Fantasy werden. Die drei Romane heißen AFFINITY BRIDGE, OSIRIS RITUAL und IMMORALITY ENGINE.

Hast du als Autor ein literarisches Vorbild? Findet sich was davon in deinen Steam-punk-Veröffentlichungen wieder?

Ich wüsste gar nicht, wo ich da anfangen soll. Mich haben in den 80ern diverse SF-Autoren stark geprägt. Mein Lieblingsautor war lange Zeit Alan Dean Foster, weil der es geschafft hat, überaus unterhaltsame Romane zu verfassen, die aber auch emotionale Tiefe besaßen und bei denen man mit den Protagonisten fühlte – und das sogar dann, wenn es sich um fremdartige Aliens handelte. Von abgefahrenen »wow!«-Ideen mal ganz abgesehen. Wen ich ebenfalls großartig fand, war der leider viel zu früh verstorbene deutsche Autor William Voltz, den man hauptsächlich durch seine Arbeit für PERRY RHODAN kennt. Und schließlich seit ein paar Jahren Jim Butcher. Was der in seiner HARRY DRESDEN-Reihe macht ist einfach grandios. Ich bewundere, wie er es schafft, immer nochmal einen draufzusetzen, ohne dass das nervt. Cory Doctorow sollte ich un-bedingt noch nennen, weil der auch gesellschaftlich brisante Themen in unterhaltsame und lehrreiche Bücher packen kann – und weil ich ihn als Netzaktivisten bewundere. Was? Da befinden sich keine Steampunk-Autoren darunter? Gut beobachtet. 🙂

Würdest du gerne in der von dir erfundenen Steampunk-Welt leben?

Ich hab ja noch gar keine erfunden. 🙂 Ich habe an einer mitschreiben dürfen und in den Steampunk-Chroniken ganz viele verschiedene verlegt. spc_logo_color-600x243Würde ich in einer Steampunk-Welt leben wollen? Vermutlich nicht. Aber das käme auf die konkreten Umstände dieser Welt an. Steampunk-Literatur zeichnet sich ja oft durch deutliche dystopische Anleihen aus. Würde man da leben wollen, wenn man nicht zu den Privilegierten gehört?

Steampunk – Fantasy oder Science Fiction?

Ist mir doch egal. 🙂

Nein, im Ernst: Ich könnte das jetzt herleiten, was über Retro-SF erzählen und auch Gründe dafür nennen. Und dann habe ich mit dem viel größeren nicht-literarischen Teil des Steampunks noch gar nicht angefangen. Letztendlich ist es aber doch auch wirklich egal, oder? Die Grenzen sind schwimmend, es gibt in Romanen und Erzählungen zahllose Abstufungen. Die Kategorisierung dient letztendlich nur Marketing-Fuzzies dazu, die Bücher in ihren Katalogen sauber wegzusortieren. Ich glaube, dass gerade Phantastik-Leser so schlau sind, auch ohne Verschubladung Dinge zu finden, die lesenswert sind. Wer unbedingt eine Antwort auf die Frage möchte: Es ist beides. Das ist zudem eine für den Steampunk äußerst vorteilhafte Lösung: Man findet ihn dann unter beiden Kategorien. 🙂

Luftschiffe im Weltraum? Wie denkst du über Steampunk-Unterkategorien?

Siehe oben. Die beinahe schon zwanghafte Kategorisierungswut und Einordnungen in immer noch mikroskopischere Subgenres finde ich höchst überflüssig. Aber die ver-schieden Spielarten des Genres einfach grandios. Und wie oben erwähnt bin ich seit SPACE: 1889 ein großer Fan von Æther-Raumfahrt. In dem Umfeld könnte ich mir auch vorstellen, mal was Umfangreicheres zu schreiben. Wenn ich die Zeit finde, was derzeit wohl eher unwahrscheinlich sein dürfte. Aber ich baue da an diesem Temporal-Deformator …

Besitzt du ein Steampunk-Outfit? Wo trägst du es?

Anderthalb bis zwei, ich arbeite ständig dran. Ausgeführt wird es auf Veranstaltungen oder Treffen.

Wirst du demnächst aus deinem Steampunk-Buch lesen (im Steampunk-Outfit)? Termine!

Sagen wir mal so: man wird mich »demnächst« auf der RPC oder der FARK am Stand von »Ætherangelegenheiten« treffen können (eine deutsche Steampunk-Webserie, die derzeit in Arbeit ist), vielleicht auch noch bei anderem Gelegenheiten; ob dort auch ge-lesen wird, ist eine ganz andere Frage. Aber möglich ist alles. Und: ja, auch im Outfit.

RPC (Roleplay Convention): 10. & 11 Mail 2014 auf dem Messegelände Köln, http://www.rpc-germany.de

FARK (Fantasie- und Rollenspielkonvent): 30. & 31. August 2014, Bergwerk Reden, http://fark-messe.de

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